Sonntag, 17. Februar 2008

Am Ende der Welt - Ushuaia

Mittlerweile sind wir am Ende der Welt angekommen. Zumindest bezeichnet sich Ushuaia selbst als die suedlichste Stadt der Welt (interessant ist, dass viele hier nicht vom Ende, sondern vom Anfang der Welt sprechen. Es kommt also immer auf den Standpunkt des Betrachters an.).
Vorgestern fhren wir mit dem Bus aus El Calafate in Richtung Rio Gallegos, wo wir auf dem Weg hierher einen kurzen Zwischenstopp einlegten. Gestern ging es dann morgens um 8 Uhr auf die letzte lange Busetappe unseres Argentinienaufenthaltes. Koennt Ihr Euch vorstellen, dass wir bis hierher ueber 130 Stunden im Bus sassen und zusaetzlich 3.000 km mit dem Auto gefahren sind? Wir nicht! Wir wissen nur eins, Bus fahren schockt nicht mehr! Schoen, dass wir noch die ganze Laenge Chiles vor uns haben...Mal schauen, ob einer von uns vom ganzen Sitzen doch noch Thrombose bekommt;-)!

Die Strecke von Rio Gallegos nach Ushuaia ist eigentlich gar nicht so weit, vor allem, weil hierher wohl eine der besten Strassen (ja, sie ist komplett asphaltiert!) fuehrt. Da wir auf der Fahrt aber chilenisches Terrain passieren mussten, dauerte dieses Stueck ganze 13 Stunden und beinhaltete vier Grenzkontrollen, die die Chilenen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Nachdem Constantin morgens unser Quartier mit traumhaften Ausblick auf eine Hinterhofmauer hungrig verlassen musste (es gab zum Fruehstueck zwei Toastbrotscheiben), mussten wir aber nicht lange hungern. Da man naemlich keine Lebensmittel nach Chile einfuehren darf und die Grenze nur 40 Minuten vom Busbahnhof entfernt war, stopften wir in einem Affenzahn alle fuer die Fahrt gekauften Vorraete in uns hinein ;-)!

Nach Passieren der Grenze ging es dann mit der Faehre ueber die Magellanstrasse, wo wir von mehreren Delphinen begruesst wurden, die in unserer Bugwelle schwammen. Die Tiere waren schwarzweiss gemustert und erinnerten ein wenig an kleine Mini-Orcas. Auf der Ueberfahrt stellten wir uns vor, wie damals Magellan mit seinem Segelschiff diese rettende Wasserstrasse entdeckt hatte. Man fuehlt sich hier wirklich irgendwie wie am Ende der Welt, auch wenn man motorisiert unterwegs ist. Da waren wir nun angekommen im sagenumwobenen Feuerland!

Auf der Weiterfahrt wurden uns die traumhaften Ausblicke auf die Landschaft aber leider vergaellt. Nachdem im Bus erst in voller Lautstaerke “Die Passion Christi” gezeigt wurde, und wir so gezwungen waren, die abartige Zurschaustellung der Folterung und Hinrichtung von Jesus mitzubekommen (es waren kleine Kinder im Bus, ein sechsjaehriger Junge fragte seine Mutter des oefteren: ”Mama, ist das Jesus?” waehrend dem Schauspieler wiederholt Fleischstuecke in aller Deutlichkeit aus Ruecken und Gesicht gepeitscht wurden), bei der Steffi richtig uebel wurde, machten wir bei einer kurzen Pause eine sehr unangenehme Bekanntschaft: Ein Argentinier kam auf uns zu und fragte, woher wir seien. Auf unsere Antwort hin entgegnete er uns mit angefaulten Zaehnen grinsend: “Ah ja, da wo Krieg herrschte, ne? HeHe!”. Als wir uns dumm stellten meinte er erklaerend: “Naja, da, wo sie sich alle umbringen” und zeigte uns auf seinem Handy ein Video von einem Menschen, dem gerade die Kehle durchgeschnitten wurde, waehrend dessen Kopf mit einem Kampfstiefel auf den Boden getreten wurde. Wir waren so angewidert und sprachlos, dass wir beim Schreiben dieser Zeilen noch eine Gaensehaut bekommen. Der Tag war irgendwie gelaufen! Dieses Ereignis steht in einem so krassen Kontrast zu unseren bisherigen positiven Erfahrungen mit den Menschen hier, dass wir es immer noch nicht ganz fassen koennen.

Anderes Thema: Wir haben uns unter Feuerland gar nichts richtig vorstellen koennen. Doch die Landschaft hier ist atemberaubend (entschuldigt die vielen Superlative, aber es ist schwer, diese traumhaften Landschaften in Worte zu fassen!). Schoene Wiesen im Norden gehen in eine schroffe Felslandschaft im Sueden ueber, die von zahlreichen Fjorden eingerahmt werden. Morgen wollen wir den Nationalpark erkunden und eventuell eine Bootsfahrt auf dem Beagle Channel unternehmen, bevor es in ein paar Tagen Abschied nehmen heisst von Argentinien.