Mittwoch, 27. Februar 2008

Torres del Paine - oder auch nicht...

So kann der lang geplante und ersehnte achttaegige Trek durch einen der schoensten Nationalparks ueberhaupt auch enden: Nach ereignisreichen 48 Stunden sind wir hier schon wieder in Puerto Natales und freuen uns darueber, dass wir die Faehre nach Puerto Montt auf den 29.2. vorverlegen konnten.
Nach einem kompletten Tag Routenplanung inklusive Versorgung mit dem noetigen Proviant fuer acht Tage und ueber 100 km Wanderung ging es vor drei Tagen voll Vorfreude mit dem Bus in den Torres del Paine Nationalpark. Dort schlugen wir beim ersten Campingplatz unser Zelt auf, um am naechsten Tag frueh zur ersten Etappe aufzubrechen.
Ein Hinweisschild der Nationalparkwaechter, dass in der Gegend vermehrt schwarze Wittwen gesichtet worden waren, erscheint uns im Nachhinein wie ein schlechtes Omen. Nein, es war zwar keine schwarze Wittwe, aber irgendein anderes Viech hatte es am Morgen auf Steffi abgesehen und ihr ins Gesicht gebissen. Anfangs dachten wir uns noch nichts dabei, doch auf dem Weg zur ersten Zwischenstation begann ihr linkes Auge anzuschwellen. Wir pausierten und kuehlten das Auge mit gefrorenem Huenchen (Eis gab es nicht in den Bergen!). Als auch das Einwerfen von Antihistaminika nix half, sowie Kopfschmerz und Schwindel hinzu kamen, entschieden wir uns fuer den Abstieg (zum Glueck, denn medizinische Hilfe kann das Camp nur per Pferd innerhalb von rund fuenf Stunden erreichen !). Das muss ein Bild gewesen sein: Steffi, die mittlerweile aussah wie Axel Schulz nach seinem schlimmsten Kampf, torkelte vorweg, waehrend Constantin mit zwei schweren Rucksaecken beladen den Berg hinunterstiefelte. Voellig erledigt kamen wir wieder im Camp an. Da zu der spaeten Stunde keine regulaeren Busse mehr in das 2,5 Autostunden entfernte Puerto Natales fuhren, wollten wir den naechsten Tag abwarten. Doch als Steffis Auge gegen Mitternacht komplett zu- und die linke Gesichtshaelfte heftig angeschwollen waren, wurde nicht mehr lang gefackelt. Constantin setzte alle Hebel in Bewegung, um einen Transport ins naechstgelegene Krankenhaus zu organisieren. Und so kamen wir dort mit dem privaten Minibusservice einer nahe gelegenen Estancia am fruehen Morgen an. Nach einer Spritze gegen die allergische Ueberreaktion auf das Insektengift suchten wir uns eine Unterkunft in Krankenhausnaehe, wo wir erschoepft ins Bett fielen.

Unsere Wanderlust ist auf lange Sicht hin erst einmal gestillt, das Wetter ist grottig und von Patagonien haben wir jetzt genug gesehen. Klitschka Steffi kann zumindest wieder gucken, und wir hoffen, dass sich unser Krankenhaustourismus hiermit erledigt hat.
Also, wir setzen die Segel, auf nach Puerto Montt!

Verschnaufpause in Punta Arenas

Nachdem wir den Aufenthalt am Ende der Welt mit einer tollen Bootsfahrt auf dem Beagle Kanal besiegelt hatten, hiess es fuer uns Abschied nehmen von Argentinien und es ging ueber die Grenze nach Chile. Fuer Punta Arenas, der ersten Station fuer uns in Chile, hatten wir uns wieder viel vorgenommen. Ob es an der erneuten zehnstuendigen Busfahrt oder an der beginnenden Reisemuedigkeit nach dem rasanten Toern durch Argentinen lag - wir hingen das erste Mal voll durch und hatten keinen Bock auf gar nix.
Die geplante Pinguintour liessen wir sausen und verbrachten den ganzen Tag fernsehglotzend auf unserem Zimmer (TV im Zimmer, wat fuer ein Luxus!), bevor wir unser Tagesbudget in diverse Pisco Sours, eine Flasche Weisswein und gebratenen Lachs im Restaurant um die Ecke investierten!!! Mmmhhh, lecker!
Tschuess, Punta Arenas, wir haben Dich zwar nicht gesehen, aber es war schoen mit Dir ;-)!

Von Mate, Dulce und anderen argentinischen Eigenheiten

Innerhalb von 6,5 Wochen Argentinien zu bereisen bedeutet, nur einen Bruchteil dieses riesigen Landes erkunden zu koennen. Natuerlich sind 6,5 Wochen eine sehr lange Zeit, nicht aber fuer dieses Land. Man brauechte Monate, um es in seiner ganzen Groesse annaehernd erfassen zu koennen (und wir wollten erst noch blauaeugig zusaetzlich nach Brasilien...).
Argentinien ist an landschaftlichen Schoenheiten schwer zu toppen. Und die Herzlichkeit und Freundlichkeit seiner Einwohner haben uns sehr beeindruckt. Ob es wohl an ihrem suessen Zahn liegt, dass sie immer ein Laecheln auf den Lippen haben? Selbst Schleckermaul Steffi kraeuselte sich die Zunge bei diesen zuckersuessen Schmackofazien, die hier jeden Tag vertilgt werden: Es beginnt gleich morgens, wenn zum vorgezuckerten Kaffee (?!?!?!?!?!?) in Honig vorgebadete "Media Lunas" (Croissants) gereicht werden. Diese werden dann mit der beruehmt-beruechtigten Dulce de Leche (karamellisierte Dosenmilch) oder sehr, sehr, sehr suesser Marmelade verfeinert und mit klebrigem Quenchwasser mit Orangengeschmack (wer sich noch daran erinnert...) heruntergespuelt. Nun ja, am ersten Tag ist dies ein ganz interessantes Geschmackserlebnis. Doch nach dem dritten Zuckerschock waren wir nicht mehr wirklich traurig, wenn wir unser Fruehstueck im Supermarkt selbst kaufen mussten.
Eine weitere argentinische Eigenart ist das Matetrinken. Der Tee, der in seinem Geschmack etwas an gruenen Tee erinnert, wird im Nordosten des Landes angebaut und im ganzen Land - zu jeder Tages- und Nachtzeit und immer, wirklich immer - getrunken. Es ist eher ein Zelebrieren der Gemeinschaft, denn der Mate wird oft zusammen und dann auch nur aus einem Becher mit einem Strohhalm getrunken.
Wenn man zu einem Mate eingeladen wird, ist dies eine grosse Ehre: So hatte Constantin seinen ersten Mate in einem Busbahnhof, als ihm eine Verkaeuferin beim Besprechen der Abfahrtszeiten zu einer "Runde" einlud und Steffi in einer Herberge in Bariloche, wo sie der Herbergsvater Uwe (einer der vielen Exildeutschen in Argentinien) einlud.
An Busbahnhoefen gibt es Matenachfuellstationen, wo kostenfrei heisses Wasser bereit steht. Dieses wird dann in die uebergrossen Thermoskannen, die jeder mit sich traegt, gefuellt. Es gibt autobatteriebetriebenen Matekocher fuer Busfahrer und so weiter und so fort - es scheint, dass der Mate die Seele dieses Landes ist.

Apropos Seele: Der Mate scheint diese zum Teil sehr zu beruhigen. Denn die Uhren ticken hier wirklich etwas langsamer (und nicht immer richtig, denn zur Sommerzeit stellt nicht jeder seine Uhr um) und wenn man drei Stunden bei der Post ansteht, um Briefmarken zu kaufen, muss man sich nicht wundern. Hinzu kommt ein uns nicht nachvollziebares Verkaufssystem, das obligatorisch mit dem Ziehen einer Nummer beginnt. Ein Beispiel: Wir zwei tapern in eine Apotheke, um "nur mal schnell" eine Sonnencreme zu kaufen. Die Apotheke ist leer, es gibt neben den vier Verkaeuferinnen und uns keine weiteren Menschen in diesem Raum.
Der Verkaufsakt vollzieht sich nun wie folgt:
Wir ziehen eine Nummer und Verkaeuferin A ruft uns auf. Wir fragen sie nach dem Preis der Sonnencreme (ist naemlich nirgendwo ausgezeichnet). Verkaeuferin A schleicht mit uns zu Kasse 1, wo sie uns den Preis mitteilt und uns einen Bon in die Hand drueckt. Mit diesem gehen wir zu Verkaeuferin B an Kasse 2, wo wir die Creme bezahlen und einen Stempel "Pagado" gelangweilt auf unseren Bon geknallt bekommen. Mit diesem geht es zu Verkaeuferin C, die uns an der Warenausgabe den Bon abnimmt. Verkaeuferin D haendigt uns dann doch tatsaechlich die Creme aus und stolz wie Lumpi duerfen wir mit unserer Beute von dannen ziehen...
Ein letztes Wort an alle Vegetarier dieser Welt: Schinken und Huehnchen sind gar kein Fleisch! Argentinier lieben Fleisch. Zurecht, wovon sich Constantin bei mehrmaligen Vertilgen der uebergrossen Steaks (Mr. Rumpsteak ist Kindergarten gegen die 500g Fleischlappen, die hier auf dem Teller landen!) ueberzeugen konnte. Wenn Steffi nach eingehendem Studieren der Karte allerdings nach etwas ohne Fleisch fragte, wurde ihr generell Gefluegel angeboten. Und vegetarische Empanadas enthalten hier zum Teil schinken - anscheinend "fuer den Geschmack". Also gab es oft einfach nur noch einen Ausweg: Pizza MUZZA.

Sonntag, 17. Februar 2008

Am Ende der Welt - Ushuaia

Mittlerweile sind wir am Ende der Welt angekommen. Zumindest bezeichnet sich Ushuaia selbst als die suedlichste Stadt der Welt (interessant ist, dass viele hier nicht vom Ende, sondern vom Anfang der Welt sprechen. Es kommt also immer auf den Standpunkt des Betrachters an.).
Vorgestern fhren wir mit dem Bus aus El Calafate in Richtung Rio Gallegos, wo wir auf dem Weg hierher einen kurzen Zwischenstopp einlegten. Gestern ging es dann morgens um 8 Uhr auf die letzte lange Busetappe unseres Argentinienaufenthaltes. Koennt Ihr Euch vorstellen, dass wir bis hierher ueber 130 Stunden im Bus sassen und zusaetzlich 3.000 km mit dem Auto gefahren sind? Wir nicht! Wir wissen nur eins, Bus fahren schockt nicht mehr! Schoen, dass wir noch die ganze Laenge Chiles vor uns haben...Mal schauen, ob einer von uns vom ganzen Sitzen doch noch Thrombose bekommt;-)!

Die Strecke von Rio Gallegos nach Ushuaia ist eigentlich gar nicht so weit, vor allem, weil hierher wohl eine der besten Strassen (ja, sie ist komplett asphaltiert!) fuehrt. Da wir auf der Fahrt aber chilenisches Terrain passieren mussten, dauerte dieses Stueck ganze 13 Stunden und beinhaltete vier Grenzkontrollen, die die Chilenen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Nachdem Constantin morgens unser Quartier mit traumhaften Ausblick auf eine Hinterhofmauer hungrig verlassen musste (es gab zum Fruehstueck zwei Toastbrotscheiben), mussten wir aber nicht lange hungern. Da man naemlich keine Lebensmittel nach Chile einfuehren darf und die Grenze nur 40 Minuten vom Busbahnhof entfernt war, stopften wir in einem Affenzahn alle fuer die Fahrt gekauften Vorraete in uns hinein ;-)!

Nach Passieren der Grenze ging es dann mit der Faehre ueber die Magellanstrasse, wo wir von mehreren Delphinen begruesst wurden, die in unserer Bugwelle schwammen. Die Tiere waren schwarzweiss gemustert und erinnerten ein wenig an kleine Mini-Orcas. Auf der Ueberfahrt stellten wir uns vor, wie damals Magellan mit seinem Segelschiff diese rettende Wasserstrasse entdeckt hatte. Man fuehlt sich hier wirklich irgendwie wie am Ende der Welt, auch wenn man motorisiert unterwegs ist. Da waren wir nun angekommen im sagenumwobenen Feuerland!

Auf der Weiterfahrt wurden uns die traumhaften Ausblicke auf die Landschaft aber leider vergaellt. Nachdem im Bus erst in voller Lautstaerke “Die Passion Christi” gezeigt wurde, und wir so gezwungen waren, die abartige Zurschaustellung der Folterung und Hinrichtung von Jesus mitzubekommen (es waren kleine Kinder im Bus, ein sechsjaehriger Junge fragte seine Mutter des oefteren: ”Mama, ist das Jesus?” waehrend dem Schauspieler wiederholt Fleischstuecke in aller Deutlichkeit aus Ruecken und Gesicht gepeitscht wurden), bei der Steffi richtig uebel wurde, machten wir bei einer kurzen Pause eine sehr unangenehme Bekanntschaft: Ein Argentinier kam auf uns zu und fragte, woher wir seien. Auf unsere Antwort hin entgegnete er uns mit angefaulten Zaehnen grinsend: “Ah ja, da wo Krieg herrschte, ne? HeHe!”. Als wir uns dumm stellten meinte er erklaerend: “Naja, da, wo sie sich alle umbringen” und zeigte uns auf seinem Handy ein Video von einem Menschen, dem gerade die Kehle durchgeschnitten wurde, waehrend dessen Kopf mit einem Kampfstiefel auf den Boden getreten wurde. Wir waren so angewidert und sprachlos, dass wir beim Schreiben dieser Zeilen noch eine Gaensehaut bekommen. Der Tag war irgendwie gelaufen! Dieses Ereignis steht in einem so krassen Kontrast zu unseren bisherigen positiven Erfahrungen mit den Menschen hier, dass wir es immer noch nicht ganz fassen koennen.

Anderes Thema: Wir haben uns unter Feuerland gar nichts richtig vorstellen koennen. Doch die Landschaft hier ist atemberaubend (entschuldigt die vielen Superlative, aber es ist schwer, diese traumhaften Landschaften in Worte zu fassen!). Schoene Wiesen im Norden gehen in eine schroffe Felslandschaft im Sueden ueber, die von zahlreichen Fjorden eingerahmt werden. Morgen wollen wir den Nationalpark erkunden und eventuell eine Bootsfahrt auf dem Beagle Channel unternehmen, bevor es in ein paar Tagen Abschied nehmen heisst von Argentinien.

Gletscheralarm in El Calafate!

Am naechsten Tag ging es mittags (diesmal fuer nur 3,5 Stunden) mit dem Bus los. Auf der Fahrt entdeckten wir sogar einen in der Ferne kreisenden Condor! Mit einer Fluegelspannweite von bis zu fuenf Metern ist dies ist der groesste Flugvogel der Welt. Und ihn aus der Ferne zu beobachten war schon beeindruckend.
Im stroemenden Regen kamen wir in El Calafate an. Da alle guenstigen Unterkuenfte ausgebucht waren und wir immer noch keine Lust auf das Schlafen im Dorm hatten, bezogen wir den staedtischen Campingplatz. So schoen das Campen in der Natur ist, so aetzend ist es hier in der Stadt! Am ersten Tag – wohl aufgrund des Regens – waren wir noch ziemlich allein. Doch am naechsten Tag fuellte sich der Platz langsam aber sicher, bis wir gegen Abend so von Zelten eingekreist waren, dass wir in jede Himmelrichtung haetten spucken koennen, und auf jeden Fall eine Zeltwand getroffen haetten.
Na wunderbar, rechts von uns machten sich Technoproleten breit, die mit iherer schlechten Autoanlage den Platz beschallten und natuerlich den Motor zwecks Stromversorgung laufen liessen. Und links von uns hatten sich sechs Teenies so dicht an unser Zelt gekuschelt, dass sich die Heringe beruehrten. Die sechs vernaschten sich anscheinend kreischend und klatschend gegenseitig beim Gitarre spielen. Steffis Laune war auf dem Tiefpunkt. Doch das war noch nichts gegen die Teeniepunks (es haetten Fans von Tokio Hotel sein koennen), die den letzten freien Platz genau vor unserem Eingang belegten und bis nachts um zwei kreischend ueber den Platz fegten, um sich ihre Pubertaet aus den Knochen zu schreien. Nachdem die Deppen dann auch noch morgens um halb acht drei unterschiedliche Handywecker auf Schlummerfunktion immer weiter stellten, war es auch mit Constantins Geduld vorbei: Rache war angesagt und das gesamte metallene Campinggeschirr flog beim Kaffeekochen “versehentlich” mit einem Heidenlaerm mehrere Male auf den Boden. Die liessen sich aber nicht wirklich stoeren und schlummerten schnarchend bis um elf Uhr durch. Eigentlich zu beneiden, dieser feste Schlaf...
Doch sei es drum, bei schoenstem Kaiserwetter, mit dem wir wirklich nicht mehr gerechnet hatten, fuhren wir mit dem Bus zum Perito Moreno Gletscher, einer 5 Kilometer breiten und 60 Meter hohen Wand aus weissblau glitzerndem Eis. Dieser Gletscher gehoert zu den wenigen noch wachsenden Gletschern der Welt.
Davon ueberzeugte uns auch das staendige Krachen und Rumpeln herabstuerzender Eisbloecke in den tuerkisfarbenen Lago Argentino.
Der Blick war einzigartig. Wenn man sich dann noch vorstellt, dass hinter der Gebirgskette eines der groessten Eismassive der Erde schlummert und ueber 350 Gletscher allein auf der argentinischen Seite versorgt, fuehlt man sich ziemlich klein!

Trekking am Cerro Fitz Roy

Gleich am naechsten Morgen erwartete uns wieder wunderschoenes Sommerwetter, und wir entschieden uns, auf einen Mehrtagestrek in die umliegenden Berge aufzubrechen. Die Rucksaecke wurden zu Marschgepaeck verkleinert, den Rest liessen wir bei unserer Herbergsmuddi und in einem der kleinen und verdammt teuren Supermaerkte besorgten wir unseren Proviant fuer die naechsten Tage (Haferflocken, Cracker, sowie Nudeln, Nudeln und Nudeln – mmmhhhh, miamiiii!).
So gegen Mittag machten wir uns auf in Richtung Cerro Torre und gleich die erste Stunde hatte es in sich (kurzzeitig dachte Steffi bereits ans Aufgeben ;-)!).
Doch wir bissen uns durch und erreichten am spaeten Nachmittag den wilden Campingplatz an der Laguna Torre, hinter der der Cerro Torre und ein riesiger Gletscher thronten. Der Blick war einfach grandios und wir schlugen unser Lager an einem rauschenden Gletscherfluss auf.
Wildes Campen heisst: Keine Toiletten, natuerlich auch keine Duschen, dafuer aber unberuehrte Natur pur – inklusive Trinken aus dem Fluss. Nachts wachten wir davon auf, dass in unserer Apsis eine Flasche umfiel. Der Verdacht auf einen Pumaangriff (wir haben leider immer noch keinen gesehen, obwohl es zwischendurch oft wie bei Hagenbecks gerochen hat!) wurde durch das Einschalten der Taschenlampe entkraeftet. Stattdessen glotzte uns eine Waldmaus an, die es sich auf Constantins Wanderstiefeln (scheinbar vergnuegungssuechtig nach diesem Wandertag) bequem machte und scheinbar unsere Vorraete im Visier hatte. Der Navigator stuerzte sich todesmutig in das uns umgebende Dunkel und band im stroemden Regen unsere Lebensmittel an einen Baum. Die Maus kam noch ein zweites Mal wieder. Die muss Augen gemacht haben, als der Koenigsschmaus ploetzlich verschwunden war...!
Am naechsten Morgen bauten wir das Zelt ab und machten uns auf zu unserem Etappenziel, dem Fuss des Cerro Fitz Roy. Die Hueften schmerzten von den Gurten unserer Rucksaecke, doch wir waren frohen Mutes, da die Landschaft um uns herum einfach traumhaft und das Wetter wieder schoen war. Es ging an Seen und ueber Gebirgswiesen an einem Gebirgskamm vorbei, den wir erst einmal besteigen mussten. Alter Argentinier, war das anstrengend. Die Steigung lag teilweise ungelogen bei 40 Grad, zumindest waren die Achillessehnen bis zum Anschlag gespannt. Die ersten zwei Stunden haben uns so geschafft, dass sich der Rest des Weges bis zum Nachtlager ziemlich in die Laenge zog. Am spaeten Nachmittag kamen wir ziemlich muede auf dem naechsten wilden Campingplatz an und schlugen unser Zelt unter zwei Baeumen auf. Das Wetter wurde zum Abend hin ziemlich ungemuetlich und wir kuschelten uns schon frueh in unsere Schlafsaecke. Was in der Nacht folgte, war heftig: Ein ausgewachsender Sturm mit orkanartigen Boeen zog auf. Interessant war, dass man ca. 20 Sekunden im Voraus die naechste Boee wie einen heranrasenden Gueterzug hoerte, die dann das Zelt heftig durchschuettelte und es (inklusive unsere Schlafsaecke und uns) mit Sand ueberschuettete....Steffi dachte kurzeitig, dass wir mit unserem Zelt abheben, Constantin meinte aber beruhigend, das wuerde schon nicht passieren, da wir ja im Zelt liegen. So war es dann auch, unser Tunnelzelt hielt dem patagonischen Wind (der in dieser Staerke hier wohl nicht ungewoehnlich ist!?!)tapfer stand, und am naechsten Morgen bahnte sich Constantin einen Weg durch die Sandmassen ins Freie.

Der Wind hatte sich etwas gelegt und es begruesste uns ein blauer Himmel. Also machten wir uns auf den steilen Anstieg zu einer Lagune, von der man den Fitz Roy aus naechster Naehe bestaunen konnte.
Der Marsch war anstrengend, und oben auf dem Kamm war es so stuermisch, dass wir uns zeitweise aneinandergepresst hinhocken und gegen den Berg lehnen mussten, um nicht weggeweht zu werden. Die Anstrengung hatte sich aber gelohnt. Der Blick auf das unter uns liegende Tal war einfach grandios, und der Fitz Roy thronte vor uns vor einem strahlend blauen Himmel. Wieder am Campingplatz angekommen flog uns wieder der Sand um die Ohren und wir beeilten uns, um zum naechsten Camp zu kommen.
Auf dem Weg hatten wir traumhafte Ausblicke auf das Massiv des Fitz Roy, ungelogen einer der schoensten Berge, die wir bisher gesehen haben! Der Campingplatz war sehr schoen an einem See gelegen und wir fanden eine windgeschuetzte Stelle zwischen Baeumen. Mittlerweile war es ordentlich frisch geworden, sodass wir ziemlich frueh ins Zelt krochen.
Am naechsten Tag legten wir die letzte kurze Etappe gemuetlich zurueck und bezogen einen Campingplatz in El Chaltén, der uns mit einer heissen Dusche sehr ueberzeugte. Danach fuehlten wir uns auch wieder wie aus dem Ei gepellt und kuemmerten uns um unsere Weiterfahrt. Unser naechstes Ziel hiess El Calafate.

Ruta 40 – Wo sich Himmel und Erde beruehren

In Bariloche stiegen wir frueh morgens in den Bus, der uns zwei Tage lang auf der Ruta 40 Richtung Sueden kutschieren sollte. Beim Warten auf den Bus trafen wir Jesus, einen voellig durchgeknallten chilenischen “Kuenstler”, der uns ungefragt Drogentipps fuer Santiago und Umgebung gab, um sich dann mit herzlichen Umarmungen von uns zum Schlafen am Strand verabschiedete...
Um 6 Uhr war Abfahrt mit dem Bus, der bis auf den letzten Platz ausgebucht war – wie soll es auch anders sein, die Haelfte der Gaeste kam aus Deutschland ;-). Haben zwei sehr nette Schweizer kennengelernt, die wir noch ein paar Mal in den naechsten Tagen treffen sollten. Die sogenannte Reiseleitung war nicht so der Knaller, wir wurden ohne jegliche Info in den Bus verfrachtet. Nichtsdestotrotz haben wir die lange Fahrt genossen.
Man kann es sich kaum vorstellen, zwei Tage lang fuhren wir durch die patagonische Steppe und trafen ein, zwei entgegenkommende Autos und dafuer hunderte Guanacos und Nandus, die am Strassenrand herumstanden. Stunde um Stunde fuhren wir durch diese eintoenige Landschaft, die durch ihre Weite und Leere uns dennoch faszinierte.
Das Farbenspiel aus Licht und Schatten ueber der huegeligen Landschaft aus gelblich braunem Steppengras war so einmalig, dass wir schwer unseren Blick abwenden konnten. Dieses Bild ist wohl eines der schoensten Argentiniens, die endlose Weite der patagonischen Steppe laesst sich nur schwer in Worte fassen.
Ziemlich geschafft kamen wir abends in dem Provinznest Perito Moreno an und bezogen unser Lager fuer eine kurze Nachtruhe (trotz durchgelegener Matratzen haben wir traumhaft gepennt!!!). Am naechsten Morgen ging es weiter in Richtung El Chaltén. Auf diesem Stueck der Ruta 40 war die Landschaft so flach, dass die Schotterstrasse am Horizont in einer Fata Mogana zu verschwinden schien. In keine Richtung war ein Ende der Weite auszumachen....einfach irre!
Abends kamen wir um halb zwoelf voellig erledigt an und hatten nach einigem Hin- und Her eine wunderschoene Unterkunft mit einer sehr lieben Gastmutter. Nach zwei Tagen Schotterstrasse durch das Nichts erschien das ploetzliche Auftauchen einer kleinen Stadt (El Chaltén ist gerade erst im Aufbau und somit eine einzige Baustelle) schon etwas unwirklich.

Dienstag, 5. Februar 2008

Barlioche, lagos, rios y montañas

Bariloche ist trotz des enormen Touristenrummels ein ganz sympatisches Staedtchen. Es liegt am wunderschoenen See Nahuel Huapi, umringt von schneebedeckten Bergen. Wir mieteten uns wieder fuer eine Woche ein Auto (ein eigener fahrbarer Untersatzt ist hier wirklich durch nichts zu ersetzen), um die umliegenden Nationalparks erkunden zu koennen. Es war einfach traumhaft: An ersten Tag ging es auf Schotterstrassen in Richtung Norden, wo wir mitten im Nirgendwo einen wunderschoen gelegenen Campingplatz fanden.
Der idyllische kleine See im Wald, umgeben von Bergen, lud uns bei traumhaftem Wetter zum Baden ein. Danach ein Lagerfeuer, ein kaltes Quilmes und ein einzigartiger Sternenhimmel, der sich im See spiegelte...so romantisch kann Zelten sein! Man konnte nicht nur die Milchstrasse, sondern auch benachbarte Galaxien und Sternenhaufen mit blossem Auge erkennen!
Am naechsten Tag fuhren wir weiter in den Nationalpark Lanín, der seinen Namen vom Vulkan Lanín erhalten hat. Der 3.776m hohe Vulkan gilt auf Grund seiner Form als einer der schoensten Vulkane der Welt. Wir kennen nicht viele, aber wunderschoen ist er allemal, wovon wir uns bei einer kleinen Wanderung ueberzeugten. Gezeltet wurde wieder an einem benachbarten See, wieder inklusive Bad im See, Lagerfeuer und Sternenhimmel - wir koennten uns daran gewoehnen! Am naechsten Tag ging es zurueck in Richtung Sueden, wo wir erneut an einem See unser Lager aufschlugen. Ja, in dieser Region gibt es viele Seen, einer schoener als der andere. Nachdem uns am naechsten Tag eine Kuh und ein Pferd geweckt hatten, ging es weiter nach El Bolson. Die Stadt ist doof, aber das Eis dort der Hammer (Steffi wurde foermlich gezwungen, sich mit dem argentinischen Eis wieder anzufreunden :-) )! Mit vollgeschlagenem Bauch suchten wir auf wildesten Schotterstrassen unser Qartier und wurden an einem glasklaren Fluss fuendig. Dazu muss man sagen, dass das Wasser in den Seen schon herrlich frisch ist, aber der Fluss war a...kalt! Die Einheimischen haben uns fuer verrueckt erklaert, als wir prustend unser Bad nahmen...
Weiter ging es in den Nationalpark Los Alerces, einem der abgelegensten Argentiniens. Dort unternahmen wir wunderschoene Wanderungen, auf denen wir ungelogen das bisher schoenste Panorama unseres Lebens bewunderten - nach Steigungen, die uns maechtig den Atem geraubt hatten. Da wir auf Grund der Hitze immer nur morgens wandern, konnten wir sogar einen Fuchs beobachten. Pumas, Condore oder Mausrehe, die es hier in der Gegend geben soll, konnten wir (bisher?) leider nicht entdecken.
Mittlerweile sind wir wieder in Bariloche angekommen. Uebermorgen (am 07. Februar), werden wir uns auf Che Guevaras Spuren begeben und zwei Tage lang auf der Ruta 40 gen Sueden fahren.

Mendoza - Bodegas olé!

Bevor wir mit unseren Reiseberichten fortfahren, moechten wir uns erst einmal bei Euch allen fuer die lieben Eintraege in unserem Gaestebuch bedanken. Wir freuen uns jedes Mal riesig!!!

Nach einer anstrengenden Busfahrt von Salta nach Mendoza kamen wir am spaeten Nachmittag des 24.01. in Argentiniens zweitgroesster(?) Stadt an und bezogen unser Quartier, was wir diesmal zum Glueck reserviert hatten. Denn Reservierungen sind hier in der Hauptsaison Pflicht, vieles ist auf Wochen ausgebucht. Wir machten noch einige Erledigungen und waren von der Stadt nicht so wirklich begeistert - wie von den meisten Tourinestern hier. Also ging es am naechetn Tag auf's Land in Richtung Maipu. Dort schwangen wir uns auf ein Tandem und erkundeten eine der besten Weinregionen der Welt: Bodegas besuchen war angesagt, natuerlich mit diversen Weinproben.
Und selbstverstaendlich haben wir uns den einen oder anderen Tropfen eingepackt (ist leider schon alles vernichtet :-( ), was das Tandemradeln (ohne Gangschaltung und Bremse) bei ordentlichen Steigungen nicht leichter machte.

Unser geplanter Ausflug zum Aconcagua, dem hoechsten Berg ausserhalb des Himalayas, mussten wir leider auf Chile vertagen, da in den Anden ein heftiges Unwetter tobte. Kurzerhand entschieden wir uns, trotz fortgeschrittener Busmuedigkeit, am naechsten Abend nach Bariloche weiterzutingeln.