Donnerstag, 27. November 2008

Wanzenwahnsinn im Joshua Tree

Auf unserem Weg nach Kalifornien wollten wir nach einer weiteren Übernachtung an der Route 66 noch einen Abstecher zum Joshua Tree Nationalpark machen. Dumm ist nur, wenn man schon vom Weiten beim Anblick der Campingplätze das Grausen bekommt. Und auch das Ausweichen auf ein Motel schlägt fehl, wenn eine Straße mitten durch das Nirgendwo führt, in dem es scheinbar kaum Menschensiedlungen gibt... Also blieb uns nichts anderes übrig, an dem Tag bis zum Joshua Tree Nationalpark zu fahren.

Nach stundenlangem Fahren kamen wir erst im Dunkeln im Örtchen 29 Palms an und wollten uns dort auf einem der unzähligen Campingplätze ein Plätzchen für unser Zelt suchen. Doch das Abklappern der Plätze endete erfolglos, denn alle waren restlos ausgebucht. Selbst die Motels waren zum Bersten mit Gästen belegt. Wir freuten uns also riesig, als wir doch etwas erledigt in einem Discountmotel ein Zimmer ergatterten. Wir erfuhren von der Rezeptionistin, dass gerade Soldaten aus dem Irak zurückgekehrt waren und sich deren Angehörige anlässlich eines Soldatenballs in dem Ort einquartiert hatten.

Nun denn, wir schleppten unsere Sachen in unser Zimmer, schauten ein wenig Fern und wollten dann eigentlich schnell ins Bett huschen. Doch als Constantin dann beim Zurückschlagen der Bettdecke eine Bettwanze entdeckte, war uns plötzlich so gar nicht mehr nach schlafen zumute. Igitt igitt, diese Viecher sind einfach widerlich!

Nach Constantins Beschwerde erhielten wir sofort ein neues Zimmer, dessen Bett wir einer intensiven Inspizierung unterwarfen, bevor wir noch etwas erledigter und angeekelt in unsere Jugendherbergsschlafsäcke schlüpften. Zum Glück hatte Constantin das Vieh VOR dem Schlafengehen bemerkt, eine Zimmernachbarin schilderte am nächsten Morgen an ihrem Handy nämlich aufgelöst, dass die in der Nacht gebissen worden war. Pfui!

Der Joshua Tree Nationalpark entschädigte uns am nächsten Tag aber ein wenig für dieses weniger schöne Erlebnis. Denn die lebensfeindliche Wüste, in der die bizarren Joshua Bäume wachsen, ist wirklich faszinierend. Von einem Aussichtspunkt aus konnten wir sogar bis nach Mexiko blicken und vor uns den Sankt Andreasgraben ausmachen.

Get ur kicks on Route 66

Nach kurzer Zeit bogen wir auf die legendäre Route 66 ein, auf der wir nach Westen der Sonne entgegenfuhren. Es ist schon ziemlich cool, wenn man auf der Landstraße durch die Weite des Westens der untergehenden Sonne entgegenfährt, während aus dem laut aufgedrehten Radio "Born to be wild" schallt! Cool war allerdings nicht, dass wir auf unserem Weg wohl noch einmal 20 Taranteln und zahlreiche Schlangen sichteten...

Die Route 66 führte ursprünglich einmal von Chicago in Illinois durch zahlreiche Bundesstaaten bis nach Santa Monica in Kalifornien. Doch mit der Zeit wurden viele Teile stillgelegt oder einfach mit Interstates überbaut. In Arizona fuhren wir über das längste, noch erhaltene Stück der Straße, entlang derer alte Saloons und Tankstellen aus den 60er Jahren für eine nostalgische Atmosphäre sorgen. Wir waren nicht die einzigen auf Spurensuche der "Easy Rider", denn unzählige Motorradfahrer brausten auf der Fahrt an uns vorbei.

Am sagenhaften Grand Canyon

Der Grand Canyon!

Wir hatten vorher schon so vieles über die größte Schlucht der Welt gehört sowie so viele Bilder und Filme gesehen. Doch trotzdem starrten wir ungläubig in diese über 1.700 Meter tiefe gigantische Schlucht, die so tief ist, dass man vom Rand noch nicht einmal den Fluss an deren Boden sehen kann. Es ist einfach unvorstellbar, dass Wasser so etwas Gigantisches über Millionen Jahre geformt hat.

Der Grand Canyon ist nicht nur wegen seiner Tiefe, sondern auch wegen seiner Länge überwältigend. Denn allein der östliche Teil des south rims ist über 20 Kilometer lang, und immer wieder kommt man an spektakulären Aussichtspunkten vorbei, wo einem beim Blick in die Schlucht fast schwindelig wird.

Viele hatten uns geraten, eine Wanderung bis ins Tal zu unternehmen. Doch die Wandergenehmigungen, die man dafür benötigt, sind schon auf Monate hin ausgebucht. Und auf den 1.700 Meter steilen Anstieg auf dem Rückweg mit vollem Gepäck und bei anstrengenden Temperaturen hatten wir dann auch nicht so eine große Lust (die Wanderung zum Colorado River hinab und wieder zurück zum Canyonrand darf man nämlich nur an zwei Tagen machen, da sie ansonsten aufgrund der damit verbundenen heftigen Anstrengungen tödlich sein kann).

Also beschränkten wir uns lieber auf eine halbtägige Wanderung, bei der wir ungefähr ein Drittel des Canyons hinabstiegen. Mann, ist der Grand Canyon schön! Und dazu trägt nicht nur seine gewaltige Größe, sondern auch das traumhafte Farbenspiel der unzähligen Felsformen innerhalb der Schlucht bei.

Wir wollten uns natürlich auch am Grand Canyon den Sonnenuntergang nicht entgehen lassen. Doch leider artete das Ganze aufgrund der Menschenmassen in eine Rummelplatzatmosphäre aus, die jegliche Romantik im Keim erstickte. Und außerdem war es nach dem Verschwinden der Sonne plötzlich so kalt geworden, dass wir zusahen, zum Campingplatz zurückzukehren, wo wir uns mit einem Feuerchen und den hundertsten Cup Noodles aufwärmten.

Aufgrund des etwas enttäuschenden Sonnenuntergangerlebnisses und der frostigen Temperaturen wollten wir uns den Sonnenaufgang am nächsten Morgen eigentlich sparen und dafür gemütlich ausschlafen. Da hatten wir die Rechnung aber nicht mit den anderen Campingplatzbewohnern gemacht, die um fünf Uhr morgens im Dunkeln natürlich mit einem Heidenlärm Richtung Canyonrand aufbrachen. Nach dem wohl zehnten anspringenden Automotor waren wir dann auch hellwach. Und da dachten wir, können wir auch gleich den Sonnenaufgang genießen, als putzmunter im stockfinsteren Zelt rumzuhängen.

Also machten wir uns mit Mütze, Schal und Fleecedecke bewaffnet auf zum Canyon, wo wir trotz der Touristenmassen einen sehr schönen Sonnenaufgang erlebten.



Mittlerweile hatten wir aber endgültig genug vom Zittern und Bibbern und beschlossen, so schnell wie möglich ein paar Höhenmeter zu verlieren, indem wir wieder das warme Kalifornien ansteuern. Und so wärmten wir uns kurz in den Waschräumen mit Hilfe der Handtrockner auf, bauten mit tauben Fingern in Turbogeschwindigkeit das Zelt ab und fuhren dann der ersehnten Wärme entgegen...

Auf vier Beinen durchs Monument Valley

Durch trockene, menschenleere Landstriche fuhren wir nach Süden und passierten nach stundenlanger Autofahrt auf schnurgeraden Strassen erneut die Grenze zu Arizona. Schon aus der Ferne konnten wir das Monument Valley ausmachen, das sich mit seinen riesigen Felskolossen aus der rotstaubigen Landschaft erhebt.

Das Monument Valley liegt im Reservat der Navajo Indianer, die das Gebiet als Nature Park ausgewiesen haben. Wir wollten eigentlich auf dem dortigen Campingplatz unser Zelt aufschlagen, doch der Wind sauste uns mit solcher Wucht um die Ohren, dass uns unser Zelt sofort weggeflogen wäre. Und das Wissen um die dort lebenden giftigen Spinnen, Schlangen und Skorpione steigerte den Anreiz zum Zelten auch nicht unbedingt.

Doch wer kann schon dem einzigartigen Ausblick von einem Plateau auf die scheinbar unendliche rote Ebene und die daraus emporragenden Mitten Buttes (die wie Fäustlinge aussehenden roten Felsen, die als Merkmale des Tals gelten) widerstehen? Uns war sofort klar, dass wir auf diesem einmaligen Aussichtspunkt übernachten mussten, wir konnten einfach nicht anders. Und so funktionierten wir unser Auto mal eben zu einem Schlafplatz um.

Der Sonnenuntergang, der dann folgte, gehört mit Abstand zu den schönsten, die wir in unserem Leben gesehen haben. Der Moment, in dem der riesige, rote Feuerball die ohnehin schon rote Welt des Monument Valley scheinbar zum glühen bringt, ist einfach unbeschreiblich!

Nach der Hitze des Tages ist es kaum zu glauben, dass die Nacht mit Minusgraden so kalt war, dass wir in unserem provisorischen Schlafzimmer ordentlich schlotterten. Doch der magische Sonnenaufgang, der am nächsten Morgen folgte, ließ uns das äußerst unbequeme Nachtlager schnell vergessen.



Auf einer heftigen Schotterstraße fuhren wir hinab ins Tal, das wir auf einer Rundstraße erkundeten und wo wir an jeder Ecke anhalten mussten, um diese einzigartige Landschaft wirklich sehen, fühlen und in uns aufnehmen zu können. In der Nähe eines der berühmten Drehorte mit John Wayne hielten wir an einem kleinen Stand, wo man mit Navajos ausreiten konnte. Wir saßen beide das letzte Mal vor vielleicht 20 Jahren auf einem Gaul, da befanden wir das Monument Valley als den perfekten Ort, um unsere Reitkünste (naja, leicht übertrieben...) wieder aufzufrischen.

Ehe wir uns versahen saßen wir auf Shotgun und Shadow und ritten hinter dem Navajo Roger hinterher, während uns seine drei Hunde freudig begleiteten. WOW, war das ein Traum! Fernab von der Zivilisation durch diese einmalige Landschaft zu reiten, begleitet von einem Navajo, der immer wieder Gänsehaut verursachende Navajolieder anstimmte, weckte in uns wirklich das Gefühl, Abenteurer im Wilden Westen zu sein.

Überglücklich verließen wir am Nachmittag das Monument Valley, in dem wir zwei der schönsten Tage unserer Reise verbracht haben, in Richtung Grand Canyon.

Im Land der roten Felsen - durch Utah und Arizona

Wir verließen also Las Vegas und atmeten erleichtert auf, als wir bereits nach kurzer Zeit des Fahrens durch die Wüste Nevadas wieder die unendliche Weite des Landes spüren konnten.

Unser Tagesziel war der Zion Nationalpark in Utah, das wir nach einer kurzen Fahrt durch das benachbarte Arizona ziemlich schnell erreichten. Kaum hatten wir Nevada verlassen, wurde die Landschaft immer rauer und zerklüfteter und zu allen Seiten türmten sich langsam Felsen in allen erdenklichen Rottönen auf. Wir waren voller Vorfreude und Erwartung auf die ganzen Nationalparks des Südwestens - mussten sie doch einfach traumhaft sein, wenn die Fahrt auf dem Highway dorthin schon so wunderschön war.

Bereits der Zion Nationalpark enttäuschte unsere Erwartungen nicht: Steile, rote Felsklippen umschliessen einen reisseden Fluss, der durch ein Tal rauscht, das im Gegenstaz zu den restlichen Nationalparks des Südwestens sehr grün bewachsen ist.

Die damals hier ankommenden mormonischen Siedler gaben diesem Tal den Namen Zion, weil er ihnen vorkam wie das Paradies. Das kann man auch heute noch nachvollziehen, auch wenn der Park von Touristen regelrecht überrannt wird. Als wir am Nachmittag auf dem dortigen Campingplatz ankamen, konnten wir froh sein, da wir den vorletzten Zeltplatz ergattern konnten - und das in der Nebensaison.

Mit Shuttlebussen wird man in das Zentrum des Tals gebracht, da Autos ausserhalb des Winters hier mittlerweile verboten sind. Wandermüde wie wir waren, ließen wir uns von dem Bus herumkutschieren und unternahmen nur die eine oder andere kleine Wanderung. Wir genossen diese wunderschöne Landschaft und ernannten den Zion Nationalpark zu einem der schönsten Orte der Welt!

Der zweite Nationalpark, dem wir einen Besuch abstatteten, war der bizarre Bryce Canyon. Und so etwas hatten wir wirklich noch nie gesehen:

In unterschiedlichen Rot-, Rosa- und Weisstönen ragen in einer Art Amphitheater hunderte Felsnadeln zum Himmel empor, die irgendwie nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Von Aussichtspunkten kann man aus der Vogelperspektive auf diese einzigartigen Formationen blicken, während man auf kurzen Wanderwegen diese Welt aus bizarren Steinformationen erkunden kann.


Am nächsten Morgen standen wir früh auf, um den Sonnenaufgang am Canyon bestaunen zu können. Im Licht der frühen Morgensonne, wenn die Farben der Felszacken noch intensiver leuchten und die Felsen lange schwarze Schatten werfen, ist diese Landschaft sogar noch schöner!

Unsere Rundtour durch den Wilden Westen sollte uns als nächstes zum Monument Valley führen. Doch um dieses zu erreichen, hatten wir mal eben eine zwei- bis dreitägige Autofahrt vor uns - denn wie in Australien können die Entfernungen in den USA wirklich seeeehr groß sein! Und so machten wir einen Zwischenstopp im sogenannten Capitol Reef Nationalpark, den wir auf der Fahrt passierten.

Voller Staunen fuhren wir durch diese unglaubliche Landschaft aus rotem Sand und riesigen, zerklüfteten Felsen, die in den unterschiedlichsten Farben leuchteten. Solche Momente, in denen Orte, die wir ohne jegliche Erwartungen bereisen, uns so überraschen, zählen mit zu den schönsten unserer Reise.

Und so verließen wir den Capitol Reef wie zuvor auch den Zion oder Bryce Canyon mit dem Bedauern, nicht länger dort bleiben zu können. Doch das Wissen darüber, dass man am nächten Tag wieder von neuen und tollen Orten überrascht wird, ließ das Bedauern auch schnell wieder vergehen.

Ganz spontan änderten wir am nächsten Tag unsere Route, da uns so viele Reisebekanntschaften einstimmig vom Arches Nationalpark vorgeschwärmt hatten. Also fuhren wir in den Touristenort Moab, wo wir seit Langem auf einem kommerziellen Campingplatz unser Zelt aufschlugen, um mal wieder den Luxus einer Dusche geniessen zu können. Denn die Campingplätze in den hiesigen Nationalparks sind zwar alle traumhaft an den schönsten Orten der USA gelegen, doch verfügt keiner über eine einzige Dusche. Und so sahen wir über den mehr als dürftigen Platz direkt am Highway hinweg, konnten es uns aber nicht verkneifen, mit dem Besuch bei Pizza Hut die Rückkehr auf den Zeltplatz so lang wie möglich hinauszuzögern...

Am nächsten Morgen fuhren wir dann leider bei Regen in den Park. Und Regen hat es nun mal an sich, dass selbst die schönsten Landschaften nicht mehr soooo umwerfend aussehen. Der Regen hörte zwar irgendwann auf, aber die Regenwolken blieben. Und so sparten wir uns die Erkundung des Parks und entschieden kurzfristig, entgegen unserer Planungen doch noch eine Nacht im Nationalpark zu bleiben. Zum Glück! Denn am späten Nachmittag riss die Wolkendecke auf, sodass wir den Park nach dem Ansturm der Tagestouristen ganz in Ruhe erkunden konnten.

Und was für ein Park das ist! Neben unzähligen spektakulären Felsformationen ragen aus dieser öden, aber dennoch faszinierenden Landschaft über 1.500 Felsbögen heraus. Über Jahrtausende hinweg haben Wind und Wetter diese einzigartigen Bögen, die dem Arches Nationalpark seinem Namen gegeben haben, geformt und dem Park damit sein einzigartiges Gesicht verliehen.

Wir machten uns auf die kurze und anstrengende Wanderung zum sogenannten Delicate Arch, dem angeblich schönsten Felsbogen des Parks. Schwitzend kamen wir nach einem steilen Anstieg auf einer Bergkuppe an, auf der uns wirklich einer der atemberaubendsten Ausblicke erwartete (Ja, wir wissen, dass wir schon das eine oder andere Mal Orte mit "wunderschön" oder "atemberaubend" beschrieben haben... aber die Welt hat einfach unglaublich viele dieser unbeschreiblichen Orte zu bieten. Wie sonst könnte man diese beschreiben :-)?).



Vor uns überragte der von der Sonne angestrahlte rosa- und orangefarbene Delicate Arch ein Amphitheater aus geschliffenem Stein, während hinter der dahinter liegenden Ebene sich die abziehenden grauen Regenwolken an schneebedeckten Bergen auftürmten. Das ganze Bild wirkte wie eine Märchenlandschaft, sodass jeder einzelne der vielen Wanderer wie gebannt auf diese Szenerie starrte.

Auf dem Rückweg zum Campingplatz fuhren wir durch eine Felsenwelt, die in der Abendsonne glutrot leuchtete. Und die Weite, Einsamkeit und Stille dieses Ortes (abends nach der Abfahrt der Fahrzeugkolonnen natürlich) ließ in uns wieder ein unbeschreibliches Gefühl des Glücks aufkommen.

Am nächsten Morgen hatte sich der Himmel endgültig zugezogen und wir schauten uns noch kurz ein paar weitere Felsbögen (nicht alle :-)!) an, bevor wir uns endgültig auf den Weg ins Monument Valley machten.