Samstag, 26. April 2008

Taupo - Ein Fall fuer zwei

Wie beschreibt man eigentlich das Gefuehl, mit ueber 200 km/h aus einer Hoehe von 12.000 Fuss im freien Fall auf die Erde zuzurasen? Unglaublich, einzigartig, grandios, einfach GEEEEEEEIIIIIIIEEEEEEEL!!!!!!!!
Wir hatten schon lange damit geliebaeugelt, im Mekka der Fallschirmspringer ohne ersichtlichen Grund aus einem intakten Flugzeug zu springen. Als wir morgens im Tongariro Nationalpark aufwachten, sehnte sich Steffi das erste Mal Regenwolken herbei, waehrend Constantin mit einem breiten Grinsen den Vorhang beiseite schob und den strahlend blauen Himmel sah.
Auf dem Weg nach Taupo war Constantin sichtlich genervt von den Abstechern, die Steffi vorschlug, um die Vulkane noch einmal aus einer anderen Perspektive sehen zu koennen, und gab Rolf die Sporen. Wir hatten abgemacht, zumindest zum Flughafen zu fahren und "mal zu gucken".
Der Flughafen kam schneller als gedacht, und mit Steffis Kommentar "Oh Gott, da ist er ja schon..." bogen wir rechts ab. Wir klapperten alle drei Anbieter fuer Tandemspruenge ab und blieben beim dritten haengen. Constantin war schon ganz hippelig, war es doch klar fuer ihn, dass er springen wollte. Doch Steffi rang mit sich und ihrer Panik, bis auch schliesslich sie das Anmeldeformular mit den Worten "Ich kann doch auch im Flugzeug noch 'Nein' sagen, oder?" ausfuellte.
Als wir unsere Anzuege anzogen und die restliche Ausruestung anlegten (dazu gehoerte eine Notschwimmweste im Guertel, falls wir im Lake Taupo landen wuerden. Sehr witzig!), wurden wir immer aufgeregter. Das Warten auf die kleine Propellermaschine kam uns ewig lang vor und wir machten derweil Spaesse mit Steffis Tandempartner Jonathan (er hatte uebrigens bereits ueber 6.000 Spruenge hinter sich), der wirklich nichts unversucht liess, um ihr die Angst zu nehmen (leider erfolglos :-)!).
Wir stiegen ins Flugzeug, das sich 25 Minuten lang immer hoeher schraubte. Waere unser Wissen um den Sprung nicht gewesen, waere es ein traumhafter Rundflug gewesen. Stattdessen wurde nun auch Constantin nervoes.
Dann ging alles ziemlich schnell. Die Tuer ging auf und Constantin sollte sich zusammen mit seinem Tandempartner Greg als erster aus dem Flugzeug stuerzen. Dann war Steffi als zweite an der Reihe.

Man steht da an der offenen Tuer, die Erde ist sooooo weit unten, und man selbst ist sooooo weit oben und fuer einen endlos langen Moment herrscht im Kopf nichts ausser einem Gemisch aus nackter Angst und einer unbeschreiblichen Spannung. Alles was dann kommt, kann man nur annaehernd beschreiben: Der Tandempartner springt, man ueberschlaegt sich und liegt dann ploetzlich mit dem Gesicht zur Erde in der Luft.
Es ist kein Fallen, auch kein Fliegen, es ist einfach irgendwas dazwischen. In den 45 Sekunden des freien Falls fuehlt man sich so gluecklich, so frei, so am Leben...Es ist doch paradox, dass man in einer nuechtern betrachtet lebensmueden Situation das Leben intensiver spuehrt als je zuvor!
Dann gibt es einen Ruck, der Fallschirm oeffnet sich und lautlos gleitet man wie ein Vogel durch die Luft. Nach der butterweichen Landung fielen wir uns voellig high in die Arme. Das war mit Abstand das Oberaffengeilste, was wir je erlebt haben!

Tongariro NP - Wandern in Mordor

Im Tongariro Nationalpark angekommen, hatten wir uns den beruehmten Tongariro Crossing als Wanderung vorgenommen. Doch die Aussicht auf acht Stunden Wandern bei -5 Grad und einer Windgeschwindigkeit von 50 km/h hielten uns dann doch davon ab. Stattdessen machten wir uns auf den Weg zum Mount Ruapehu, einem aktiven Vulkan. Dort fuhren wir mit einem Sessellift auf rund 2.000 Meter Hoehe, wo wir "nur mal kurz" einen kleinen Spaziergang machen wollten. Doch der Spaziergang entpuppte sich schnell als eine anstrengende Wanderung ueber Vulkangestein und schwarzen Sand, in den wir teilweise bis zu den Knoecheln einsanken. Auf der Hoehe ist es im wahrsten Sinne des Wortes ein atemberaubendes Unterfangen, die steile Kraterflanke hochzuklettern.

Doch auch in diesem Fall war es die Anstrengung allemal Wert, vom Aussichtspunkt hatten wir einen tollen Blick auf die zwei anderen Vulkane (Tongariro und Ngaruhe) und konnten am Horizont sogar den Lake Taupo und den an der Ostkueste gelegenen Vulkan Taranaki ausmachen.
Wieder unten angekommen, kamen wir mit einer Einheimischen ins Gespraech, die uns erzaehlte, dass gleich um die Ecke die Mordor-Szenen fuer "Herr der Ringe" gedreht worden waren. Der ganze "Lord of the Rings"-Tourismus hier ist uns zwar etwas suspekt (jeder Grashalm, den Frodo und Konsorten plattgetreten haben, wird hier vermarktet), aber es waren ja nur 5 Minuten Fussmarsch...Und auf einmal befanden wir uns wirklich in Mordor mit dem vor uns thronenden Schicksalsberg. Wir haben nach den Scharen von Orks Ausschau gehalten, aber haben zum Glueck keine entdeckt...

In der Hauptstadt der Kiwis

Von Collingwood in der Golden Bay ging es in Richtung Nelson und von dort aus nach Picton, wo am 17. April unsere Faehre in Richtung Nordinsel abfahren sollte. In Wellington angekommen, machten wir einen Bummel durch die wirklich schoene Stadt und besuchten das sehr interessante Te Papa Museum, wo man unter anderem das Skelett eines Blauwals bewundern kann.
Wir fuhren mit dem Cable Car zum hoechtsen Punkt der Stadt (dieses Mal also kein Muskelkater!) und spazierten durch den botanischen Garten bei tollem Ausblick auf die Bucht ins Zentrum zurueck. Doch so schoen Wellington auch ist, die Unterkunft war echt duerftig, und so machten wir uns nach zwei Naechten aus dem Staub.

Relaxen in der Golden Bay

Der Name der Bucht kommt urspruenglich noch aus Goldgraeberzeiten, doch er trifft auch auf die langen Straende und die dort fast das ganze Jahr scheinende Sonne zu. Wir bezogen eine unglablich sympathische Unterkunft, in der wir uns sofort wohl fuehlten: Das alte Farmhaus liegt am Rande des Urwalds des Kahurangi Nationalsparks und ist von einem riesigen Garten umgeben. Auf gemuetlichen Sesseln tranken wir Tee auf der sonnigen Veranda oder luemmelten abends bei Kaminfeuer auf den Sofas des Wohnzimmers, waehrend ein aelterer Brite seine Gitarrenkuenste (er hatte schon gemeinsam mit Eric Clapton gespielt!) zum besten gab.
Wir lernten dort auch den urkomischen 77 jaehrigen Kiwi Cyril kennen, mit dem wir stundenlang schnackten. Nach diversen Tui Bieren war der Plan fuer den naechsten Morgen geschmiedet: Cyril wollte uns und der Japanerin Miwako zeigen, wie man Muscheln sammelt.

So ging es bei fruehem Sonnenlicht und Ebbe in seinem klapprigen Van an eine Stelle, an der sich besonders gern Muscheln tummeln sollten. Und wirklich: Als wir die Stelle erreichten, trauten wir unseren Augen kaum, es muessen Millionen der sogenannten "cockles" gewesen sein, die wir da sahen. Mit hoch gekrempelten Hosenbeinen gingen wir ins Watt und sammelten drauf los. Wahrend wir diesen idyllischen Morgen genossen, erzaehlte uns Cyril diverse Anekdoten aus seiner Zeit als Fischer.
Auch wenn es schwer fiel, die kleinen Kerlchen ueber den Jordan zu bringen: Das Festmahl am Abend war wirklich vom Feinsten!

Wieder allein machten wir einen Ausflug zum Farewell Spit, einer kilometerlangen Landzunge, die nur aus Strand und Duenen besteht. Der Grossteil des Spits ist ein international anerkanntes Schutzgebiet, das nicht betreten werden darf. Doch allein der Abschnitt, der betreten werden darf, war einmalig schoen: Meer, Strand und Duenen, soweit das Auge reicht, und weit und breit keine Menschenseele. Nur der ein oder andere Austernfischer kreuzte unseren Weg!

Abends fuhren wir zu einem weiteren, sehr schoenen Strand. Und waehrend wir auf den Sonnenuntergang warteten, entdeckten wir zwei Fellknaeuel in der Brandung, die sich dann als herumtollende Seehundjunge entpuppten. Die zwei Racker liessen sich von uns nicht im geringsten stoeren, und so konnten wir aus rund 10 Metern Entfernung die beiden beim Spielen beobachten. Einmalig!
So schoen Suedamerika auch ist, erst in diesen Tagen kamen wir wirklich auf unserer Weltreise an...

Die Westkueste - Gletscher, Dschungel, Strand und Berge

In unserer Erinnerung war die Westkueste eine einzige graue Suppe mit 7 m (!!!) jaehrlichem Niederschlag. Doch anscheinend wollte Neuseeland uns dieses Mal mit schoenem Wetter bezircen. Denn auch an der Westkueste empfing uns ein strahlend blauer Himmel. In diesem Moment hatten wir unseren Reisestil fuer Neuseeland festgelegt - immer der Sonne hinterher.
Also bogen wir ganz spontan links ab in Richtung der Gletscher. Auf kleinen Wanderungen ueber das Gletscherbett schauten wir uns nacheinander den Franz Josef und den Fox Gletscher an.
Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie sich das maechtige Eis seinen Weg durch den dichten Regenwald in Richtung Ozean gebahnt hat.

Nach einer Stipvisite beim Lake Matheson, in dem sich die Gipfel der Alpen spiegelten, und dem verwunschenen Gillespie's Beach ging es an der Kueste entlang in Richtung Punakaiki. Dort teilten wir unser Quartier mitten im dicht gewachsenen Regenwald mit dem lustigen franzoesischen Paerchen Vincent und Christelle, mit denen wir viel Spass hatten.

Der Strand war nur einen Steinwurf entfernt, wo wir traumhafte Sonnenuntergaenge beobachteten (die Romantik wurde nur durch die laesstigen Sandflies getruebt, die zielsicher jeden unbedeckten Milimieter Haut befallen). In den stockfinsteren Naechten hoerten wir nur das Geschrei der Wekas (freche, flugunfaehige Voegel, die auf der Nahrungssuche auch gerne mal in unser Auto lugten). Und morgens wurden wir vom Duft frisch gebackener Muffins geweckt, die wir zum Fruehstueck schnabulierten (Himmlisch :-)!). Bei Sonnenschein ist dieser Ort mit Sicherheit einer der schoensten des ganzen Landes, sodass wir nur schweren Herzens Abschied nahmen.

Auf dem Avalanche Peak

Vom Meer aus ging es auf ins Gebirge. Auf Serpentinen fuhren wir durch die neuseelaendischen Alpen in den Arthur's Pass Nationalpark, wo wir wieder unverschaemtes Glueck mit dem Wetter hatten. Denn obwohl wir das Arthur's Pass Village bei stroemendem Regen erreichten, lachte am naechsten Morgen die Sonne wieder.
Wir hatten uns fuer diesen Tag den Avalanche Peak Track vorgenommen, einem der angeblich anstrengendsten Tracks der Umgebung. Und wenn das schon ein Kiwi sagt, muss man sich auf etwas gefasst machen. Der Track war eher eine Kletterpartie als eine Wanderung, die neben den Beinen auch die Arme beim Ueberwinden zahlreicher vertikaler Abschnitte ordentlich beanspruchte. Nach 4 Stunden und 1.100 (!!!) ueberwundenen Hoehenmetern mussten wir noch einen sehr, seeeeehr schmalen Grat passieren, um den rund 1.900 Meter hohen Gipfel zu erreichen.
Das Panorama, welches sich uns dort oben bot, entschaedigte uns aber fuer jeden enzelnen Hoehenzentimeter. Und wir muessen unsere vorherige Aussage revidieren: Der Ausblick vom Avalanche Peak ist definitiv das grandioseste Panorama, das wir je gesehen haben. Als wir oben unser Picknick verschlangen, flog ein Kea (ein neuseelaendischer Bergpapagei) mit lautem Gekicher ueber unsere Koepfe hinweg. Ja ja, mit Fluegeln hat man gut Lachen :-)!
Normalerweise dauert ein Abstieg nicht mal die Haelfte eines Aufstiegs. Nicht so dort, denn vertikal runter ist genauso schwer wie vertikal hoch. Nach 3,5 stuendigem Abstieg begann bereits am Abend der Muskelkater, der sich fuer eine ganze Woche nicht verabschieden wollte... Dies war mit Abstand die schwerste Wanderung, die wir bisher gemacht haben - aber auch eine der schoensten.

Dolphin encounter in Kaikoura

Nach unserem kurzen Hopser nach Christchurch schauten wir uns die Stadt (naja, wohl eher ein Staedtchen) zwei Tage lang an. Im Gegensatz zum letzten Mal begruesste uns Sonnenschein, sodass Christchurch uns auf dem zweiten Blick wesentlich besser gefiel. Wir organisierten uns ein Auto (ein Name durfte natuerlich nicht fehlen, wir tauften den 16 Jahre alten Toyota Corolla also Rolf) und fuhren damit in Richtung Norden, da dort die Sonne scheinen sollte. Kaikoura war unser Ziel, wo wir das letzte Mal Wale beobachtet hatten. Dieses Mal hatten wir uns die Delphine vorgenommen. Da die Touren staendig ausgebucht sind, mussten wir zwei Tage warten...zum Glueck, denn am Tag nach unserer Ankunft wurden die Touren aufgrund miesen Wetters abgesagt.
Doch als wir mit dem Boot morgens rausfuhren, war die See spiegelglatt und die Sonne schien. Es dauerte etwa 20 Minuten, bis unser Captain eine Schule von dusky dolphins gesichtet hatte. Und was fuer eine Schule: 300 bis 400 Delphine tummelten sich vor unseren Augen. Und allein dieser Anblick ist schon einmalig. Der Motor wurde gedrosselt und wir sprangen in unserem Wurstdress, bewaffnet mit Schnorchel und Flossen, ins 18 Grad kalte Wasser.
Bevor wir ins Schwaermen kommen: Unter uns befand sich ein 1.500 Meter tiefer Ozeangraben, in dem unter anderem Robben, Orcas, Pottwale, Tintenfische und Haie rumhaengen (was Steffi zu Beginn etwas gruselte).
Doch in dem Moment, in dem wir uns mit den Delphinen im Wasser befanden, war jede Angst vergessen. Das Gefuehl, mit diesen eleganten, in Freiheit lebenden Tieren zu schwimmen und ihnen in die Augen zu schauen ist mit Worten nicht zu beschreiben. Nach vier "Tauchgaengen" mussten wir zurueck an Bord, von wo aus wir begeistert die Kunststuecke wie Spruenge und Salti der putzigen Gesellen noch eine Weile beobachten konnten. Danach ging es zurueck an Land. Dieses Erlebnis war mit Sicherheit eines der schoensten unserer bisherigen Reise!

Zeitreise nach Neuseeland

Am 29. Maerz haben wir noch in Santiago de Chile am Flughafen am Abend einen letzten Pisco Sour (Schnief!!!) getrunken, um dann in Auckland am 31. Maerz auf dem Flughafen zu fruehstuecken und das erste Mal seit unserer Abreise einen ECHTEN Kaffee und keinen Instantkram zu trinken (und was fuer einen! Der Kiwi-Cappuccino ist Italiens Ploerre um Welten voraus :-)!). Dazwischen lagen nur 13 Stunden Flug, dafuer aber ein Sonntag, den wir einfach uebersprungen haben. Ploetzlich waren wir Deutschland zeitlich nicht mehr 4 Stunden hinterher, sondern 12 Stunden voraus. In der Nacht unseres Abfluges wurden die chilenischen Uhren umgestellt. Darauf folgten die deutschen und dann die neuseelaendischen, so dass wir nun nur noch 10 Stunden Vorsprung haben...glauben wir zumindest. Jaja, man kommt schon ganz durch'n Tuedel als Weltreisender!

Samstag, 19. April 2008

Moment des Abschieds

In der Nacht zum Sonntag ist meine geliebte Uroma im Alter von 95 Jahren eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht. Sie war die bewundernswerteste Frau, die ich kennengelernt habe und die liebenswerteste Uroma, die man sich nur wuenschen kann. Gestern konnten wir leider nur aus der Ferne von ihr Abschied nehmen.

Es ist sehr schwierig, in diesem Moment am anderen Ende der Welt zu sein und nicht bei meiner Familie. Wir sind in Gedanken zu Hause.